Tag 41 nach Schließung der Geschäfte und Tag 34 im Lock down

So langsam fühlt sich Alles an wie eine gewisse Normalität. Wie sehr sich der Mensch doch an Situationen gewöhnen kann. Sms schicken, auf Bestätigung warten (geht bei mir immer fix), einkaufen gehen und rein in den Supermarkt, Hände desinfizieren, Einlasskarte nehmen und Abstand halten. 
Es hat sich nicht wirklich etwas geändert - alle Massnahmen sind wie gehabt. Ausnahme war das griechische Osterfest (letztes Wochenende), da gab es eine "harte" Ausgangssperre. Keine Autos waren zugelassen mit Ausnahme von wirklich wichtigen Gründen, die nachgewiesen werden mussten. 
Vor einigen Stunden kam die Nachricht, dass alle Massnahmen wie gehabt bis 4. Mai beibehalten werden. Es gibt Spekulationen, wie ein langsamer, vorsichtiger Neustart möglich sein kann, aber das sind aktuell Spekulationen, daher möchte ich nicht im Detail darauf eingehen. Stand aktuell ist: Abstand halten, Hotels, Geschäfte und Lokale zu, kein Baden im Meer oder am Strand liegen und immer brav eine Sms mit dem Grund schicken, warum man draußen ist. Inzwischen wurde auch ich einmal kontrolliert. Ich war draußen mit dem Grund "6" = körperliche Betätigung. Die Polizei hat mich und meine Freundin auf dem Fahrrad angehalten. Sms und Ausweis gezeigt, alles war gut. Ok, ein kurzer Kommentar, dass ich bereits seit 2 Stunden draußen war, aber meine Erklärung wurde mit "bravo" anerkannt (körperliche Betätigung ;-)).
Tatsächlich gehe ich oft auf Fahrradtouren im Moment, alleine oder mit meiner Freundin (Abstand halten ist dabei ja recht einfach). Um diese Jahreszeit ist Kos für mich am Schönsten - alles blüht und steht in voller Pracht. Es ist schön, das genießen zu können. Faszinierend finde ich auch teilweise die Stille. Ok, um diese Jahreszeit ist Kos definitiv noch ruhig, aber bei schönem Wetter ist eben doch immer etwas los auf den Straßen. Aktuell ist es zeitweise gespenstisch still, aber eben auch schön. Ich bin ein Typ, der Beides mag: tagsüber verlassene und ruhige Strände und abends Musik und Menschen - Geselligkeit eben. Die aktuelle Situation beschert mir Momente, die ich hier so wahrscheinlich nie wieder erleben werde. In blühender Natur mit dem Fahrrad Wege entlang fahren, die normalerweise jetzt bereits durchaus frequentiert wären. Orte, an denen man normalerweise um diese Jahreszeit nicht allein wäre. Das Rauschen des Meeres, der Duft und die Farben. Das bedeutet "Freiheit" und "Leben" für mich. Wenn denn da nicht irgendwo die anderen knabbernden Geister wären, die mich daran erinnern, dass man ja zum Leben durchaus auch Nahrung, ein Dach über dem Kopf und Kleidung benötigt.  Diese Dinge sind für mich glücklicherweise aktuell kein grosses Thema (ich brauche nicht viel zum Leben). Aber wie sieht es mit meinen Freunden und Bekannten aus? Die, die eine ganze Familie ernähren müssen und bisher vom Tourismus gelebt haben? Egal wie, wir werden das hier irgendwie schon schaffen. Den Kopf in den Sand stecken bringt selten etwas.

Mir persönlich fehlt derzeit die "Geselligkeit". Rausgehen, Kaffee trinken, Wein trinken, "Meze" essen gehen, einfach eben "gesellig" zusammen sein. Da helfen keine Nachrichten oder Video-Calls, das fehlt einfach.

Persönlich bin ich gerade in einem Zwiespalt: a) ich hoffe sehr, dass wir noch einige Monate der Saison retten können; b) besser den Tourismus eindämmen, als den Virus einschleppen. 
Griechenland tat sehr gut daran, sehr schnell zu handeln. Bei aller "Lobhudelei" in der deutschen Presse darf man natürlich nie vergessen, warum Griechenland das gemacht hat. Wir haben keine Kapazitäten für zig Intensiv-Kranke. Trotzdem auch meinerseits "Hut ab". Gut und richtig reagiert aus meiner Sicht. 
Ich habe wirklich keine Ahnung ob und wie dieser Virus so gefährlich ist. Es gibt ja genug widersprüchliche Dinge im Internet. Und in der menschlichen Psyche liegt es den Dingen zu folgen, die man selber präferiert. Es bringt aber nicht wirklich Etwas, zu spekulieren. Wenn wir nicht irgendwo in der Politik sitzen, müssen wir uns wohl oder übel den Gegebenheiten anpassen und können es nicht ändern. Also, das Glas ist immer noch halb voll, machen wir das Beste draus. 
Mit Allem habe ich gerechnet vor 2 Jahren, als ich hierher gekommen bin. Mit so einer Situation allerdings nicht (wer hätte das?). 
Trotzdem es gerade hier auf der Insel sehr schwierig aussieht was den Tourismus anbetrifft: ich werde bleiben. Wir finden schon eine Lösung. Um zu einem früheren Gleichnis zurück zu kommen: wirf mir ein paar Kiesel in den Weg - kein Problem, unangenehm, aber ich lauf ich drüber. Wirf mir einen Brocken in den Weg - hm, drum herum laufen oder darüber kraxeln. Wirf mir einen Findling in den Weg und ich muss einen Umweg gehen. Dauert länger, aber auf Umwegen kann man durchaus neue und interessante Dinge entdecken.

Lasst Euch nicht unterkriegen. Ich hoffe sehr viele von Euch noch dieses Jahr zu sehen! Ich sowie die Archangelos Michael Sailing sind definitiv bereit ;-)
 

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Kommentare: 2
  • #1

    Anette (Donnerstag, 23 April 2020 19:14)

    Sehr schön geschrieben, liebe Susanne.
    Ich gebe die Hoffnung auch noch nicht auf. Es zeigt sich, was die „vorsichtigen“ Lockerungen in Deutschland bringen. Hab heut schon wieder gelesen (Tag 4 nach dem Lockerungen), dass die Anzahl der Infizierten schon wieder steigt. Keine Ahnung ob das wirklich stimmt. Auf jeden Fall geht’s in manchen Städten (hier kann ich von Darmstadt sprechen) wieder zu wie im Bienenstock. In zwei Wochen wissen wir mehr.... .
    Wie gesagt, ich hoffe und bete ...
    Haltet die Ohren steif und grüße den Capitano ganz lieb (natürlich von der ganzen Company oder wie man bei uns schon immer sagt „von der ganzen Corona �).

    Liebe Grüße aus dem sonnigen Hessen
    Anette

  • #2

    elke noisten (Freitag, 24 April 2020 05:32)

    richtige einstellung susanne! hab auch schon das update gelesen und telefoniere regelmässig mit meiner freundin in pily. hab ich immer gesagt..die griechen haben von anfang an richtig reagiert!! bleibt alle gesund!! lg elke