Tag 23 nach Schließung der Cafes, Tavernen, Shops etc.; Tag 14 im Lock down

Inzwischen kennt ja fast Jeder überall wie es sich so anfühlt in Quarantäne zu leben. Das gesamte Szenario fühlt sich nach wie vor sehr surreal für mich an. Man könnte meinen, man gewöhnt sich mit der Zeit daran, aber ich merke (wie wahrscheinlich sehr Viele), wie sehr mir doch persönliche Kontakte fehlen. Oder einfach raus gehen und schauen, wen man so trifft oder sich bei schönem Wetter ins Cafe setzen, einen Kaffee trinken und die Sonne genießen. 

Den ganzen Winter durch habe ich eigentlich "Nichts" gemacht, aber das war ein angenehmes "Nichtstun". Zwangsweise Nichtstun macht nicht ganz so viel Spaß. Ich würde den ganzen Prozess bisher in folgende Phasen gliedern: 

1. Geschäfte machen zu: na ja, ist nicht ganz so schlimm, bleibe ich eben daheim. Und man kann sich ja immer noch privat treffen und BBQ machen oder sich irgendwo einen Kaffee "To go" holen und zusammen spazieren gehen. 

2. Oha, das Ganze ist ja doch ernster, als ich dachte. Hm, na 2 Wochen schaffen wir schon.

3. Die ersten Zweifel kommen auf, ob das wirklich im März erledigt ist.

4. Lock down: zumindest für mich ist das System mit der "Genehmigung" ein Grund 2x nachzudenken, ob ich nun wirklich raus muss. Es ist zwar kein Problem und geht ganz unkompliziert, aber es ist einfach nicht dasselbe wie "oh Sonne - ich geh mal raus". 

5. Nichtstun macht faul. Zumindest mir ging es ein paar Tage so. Ich habe genug Bücher, ich kann Filme streamen, ich kann immer mal ein wenig Hausarbeit machen, aber zu nichts hatte ich Lust. Nichtmal großartig zu mailen. Man könnte es auch Anfang einer depressiven Verstimmung nennen. Wenn ich müde war, was tagsüber häufig vorkam, da ich mich ja gelangweilt habe, habe ich mich hingelegt. Mit dem Effekt, dass ich nachts wach war. 

6. Raus aus dem Loch. Sich selbst disziplinieren. Wieder einen geregelten Tagesablauf finden. Aufgaben suchen, diese erledigen, egal ob ich jetzt Lust dazu habe oder nicht. 

 

In Phase 6 bin ich nun seit ein paar Tagen. Und bitte erinnert mich irgendwann mal an die Zeit, als ich an freien Tagen morgens vor 10 Uhr bereits geduscht war, gefrühstückt, Kaffee getrunken, Sport gemacht, Wäsche fertig und meine 1. Griechisch-Lektion hinter mir habe :-). Jeder, der mich ein wenig kennt, weiß dass ich der geborene Langschläfer bin. 

Es geht mir nach wie vor gut. Dank sozialer Medien kann man ja gut Kontakt zu Freunden und Familie halten, zudem ich es ja gewohnt bin, dass meine Familie und einige meiner Freunde weit weg sind. 

An den hiesigen Massnahmen hat sich seit meinem letzten Eintrag nicht viel verändert. Vorerst sind sie gestern bis 27.04. verlängert worden. Hinzu gekommen ist das Verbot im Meer zu schwimmen oder auch zu fischen/angeln für den privaten Nutzen. Mit dieser Maßnahme versucht Griechenland zu verhindern, dass bei gutem Wetter die Menschen "körperliche Betätigung" = Schwimmen, als Ausrede nutzen, um sich am Strand zu treffen. Die Einhaltung der Massnahmen wird aktuell kritisch beobachtet, da sich Griechen traditionsgemäss zu Ostern (griechisch-orthodoxe Ostern sind eine Woche später als die christlichen Ostern dieses Jahr) mit Familien und Freunden treffen. Ostern ist das höchste Fest in Griechenland und das Kontaktverbot wird für Viele an diesen Tagen noch schlimmer sein als eh schon. 

Einkaufen ist problemlos möglich. Allerdings werden in allen Supermärkten (in denen ich einkaufe) inzwischen "Einlasskarten" verteilt, um sicherzustellen, dass nicht zu viele Personen auf einmal im Markt sind. Am Eingang steht Desinfektionsgel. An den Kassen und Fleischtheken gibt es Abstandsmarkierungen. Die Kassierer sind durch Plexiglasscheiben mit kleinem Schlitz für Geld oder Karte geschützt. 
Vor Banken und Apotheken stehen teils lange Schlangen, da jeweils nur 1 Person das Geschäft betreten darf. Es wurde bestimmt, dass alle Abhebungen bis 400 EUR und Einzahlungen bis 1000 EUR pro Tag nur noch am Automaten erledigt werden dürfen. Zahlungen an öffentliche Einrichtungen (Strom etc.) dürfen ebenfalls nur noch am Automaten erledigt werden. 

Bisher sind wir auf Kos quasi infektionsfrei. Eine Infektion wurde vor 3 Tagen bekannt, da aber bereits "symptomfrei". Diese Person hatte sich bei den ersten Symptomen selber unter Quarantäne gestellt. Und bis hier ein Test ausgewertet ist, dauert es eben ein wenig. Laut Katastrophenschutz wurden bereits alle Kontaktpersonen identifiziert und ebenfalls unter Quarantäne gesetzt. Meines Wissens nach war Niemand aus Kos darunter. Hoffen wir, dass es so bleibt. 

Die Zeit vertreibe ich mir mit Filme gucken, bisserl Sport machen, kochen (ich probiere gerade viele neue Sachen aus, aber nur alle 3 Tage, das muss ja auch Alles gegessen werden), lesen, Spiele spielen, mailen, spazieren gehen, radeln und ich habe endlich wieder angefangen, mein Griechisch zu verbessern. 

Mein Griechisch ist nach wie vor so la la. Allerdings habe ich festgestellt, dass ich mir durch meine Lernsoftware tatsächlich das Lesen der griechischen Schrift beigebracht habe, ohne jemals das Alphabet zu lernen. Das macht es insgesamt etwas einfacher, da ich die Wörter meistens lesen kann und wenn ich nicht weiß, was sie bedeuten, nutze ich die meist hervorragende Spracherkennung von Google Translator. Bei einzelnen Wörtern funktioniert das ganz gut, bei ganzen Sätzen kommt da teilweise völliger Unsinn heraus. 
Es kommt zwar immer wieder zu witzigen Situationen, da ich mich meist bemühe mein bisher gelerntes Wissen anzuwenden, meine Aussprache anscheinend gar nicht mehr so übel ist und ich es zwischenzeitlich hervorragend schaffe, vorzugeben, dass ich alles verstehe. Im Minimarkt läuft das dann ungefähr so ab: Ich: "Guten Morgen" - "Guten Morgen. Wie geht es?" Ich: "Gut". "Ganz schön kalt heute und windig." Ich: "Ja. Es ist Winter." "Ja, was sollen wir machen, es ist so. (irgendwas mit Sommer)." Ich: "hm". ".... (keine Ahnung)". Ich: "hm". "Das macht dann 13,60 EUR" (Griff zur Plastiktüte - IMMER, die wissen genau, was ich im Supermarkt will, da brauche ich nichts mehr zu sagen, aber der Griff zur Plastiktüte ist immer automatisch) Ich: "Nein, keine Tüte". "Ah, ok." Ich: "Vielen Dank und schönen Tag (Nachmittag, Abend, Nacht)". 
Ich kann nur Jedem, der eine Sprache erlernen möchte, ans Herz legen sie wenn immer möglich zu nutzen. Traut Euch. Ja, ihr werdet Fehler machen, aber ich habe in keiner Situation erlebt, dass sich wirklich Jemand böse über mich lustig gemacht hat.
Interessanterweise habe ich in den letzten 2 Jahren zudem mein Englisch extrem verbessert und auch hier viel dazu gelernt. Das liegt daran, dass in meinem engeren Bekanntenkreis viele Engländer sind. Und es ist doch etwas Anderes, sich mit Muttersprachlern zu unterhalten, als mit Anderen, die Englisch ebenfalls nur als Fremdsprache gelernt haben. 
Weiterhin ist mir letzten Sommer aufgefallen, dass ich komischerweise wenn ich französisch sprechen möchte, auffällig oft ins Griechische rutsche ohne es zu merken. Französisch hatte ich 5 Jahre in der Schule und durch vermehrten Kontakt im letzten Sommer mit Franzosen, die weder Deutsch noch Englisch gesprochen haben, hat sich auch mein Französisch wieder eingestellt. Zwar nicht besonders gut, aber ich kann es recht gut verstehen und immerhin einigermassen gebrochen sprechen - wenn auch mit griechischen Brocken manchmal ;-)

Das also die aktuelle Wasserstandsmeldung von Kos. Ich hoffe, dass sich für uns Alle das Leben baldmöglichst wieder einigermassen normalisiert.

Passt auf Euch auf. 

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