Privatleben oder die Zeit, die sich nicht Arbeit nennt

Auf meine Frage, was Euch denn so interessiert, habe ich folgende Antwort erhalten:

"Mich würde interessieren wie das "alleine-im-ausland-sein" ist. Gibt es Momente wo du dich einsam fühlst? Dank sozialen Medien ist es ja wahrscheinlich relativ einfach Kontakt zu Familie & Freunden zu halten aber es ist doch was anderes wenn man etliche Kilometer entfernt ist und sich halt nicht mal eben auf ein Bier/Kaffee treffen kann. Und wahrscheinlich wird auch deine neue Wohnung noch lange nicht das selbe zu Hause sein wie du es in München hast/hattest... denke da so an kochen, couchabend vorm tv etc... also kurz gesagt/gefragt: wie sieht dein alltag aus wenn du nicht arbeitest?"

 

Um von hinten anzufangen: einen Alltag wenn ich nicht arbeite habe ich nicht. Wenn ich nicht mit auf Tour gehe, habe ich derzeit zwischen etwa 10:30 und 17:30 frei (ich arbeite dann von etwa 8:30 bis 10:30). Diese Zeit nutze ich meist, um erstmal in Ruhe irgendwo zu frühstücken, notwenige Hausarbeit zu erledigen, mache meine tägliche Lektion Griechisch, treffe mich eher selten mit Bekannten und SCHLAFE mindestens ein, zwei Stunden. Ich bin ein Nachtmensch und da ich bis etwa 0:00 Uhr dann arbeite und danach nicht sofort ins Bett kann, aber morgens wieder "früh" (für mich zumindest früh) raus muss, fehlt mir der Schlaf sonst. Gehe ich mit auf Tour, fahre ich etwa gegen 18:30 Uhr heim, Lektion Griechisch ;-), beantworte fix ein paar private Nachrichten, schlafe und fahre zurück zur Arbeit gegen etwa 21:00, 21:30. Feierabend ist dann meist zwischen 22:30 und 0:00 Uhr, je nachdem was gerade los ist. Wirklich viel Zeit für das Privatleben bleibt also während der Saison nicht. Nicht zu vergessen, dass wir den ganzen Tag Anrufe und Nachrichten bzgl. Buchungsanfragen erhalten. "Freizeit" heißt also nicht gleich "frei haben". Es kommt immer wieder vor, dass ich mich um 15:00 Uhr hinlege und dann quasi im Halbschlaf Tickets buche. Das Privatleben hier vermischt sich deutlich stärker mit dem Arbeitsleben, als ich es aus Deutschland kannte. Man ist mit seinen Kollegen 7 Tage die Woche fast den halben Tag zusammen. 

 

Das "alleine-im-Ausland-sein". Es fühlt sich nicht an wie Ausland für mich. Zur Erklärung hole ich ein wenig aus: mit 15 bin ich von einem kleinen Dorf im Rheinisch-Bergischen in die Großstadt München gezogen. DAS war für mich "Ausland". Man könnte es auch Kulturschock nennen. Ich habe teilweise die Sprache nicht verstanden und die Lebenskultur war ebenfalls eine ganz Andere. Damals habe ich mich einsam gefühlt. Aufgrund dieser Erfahrung und diverser Umzüge später (Düsseldorf - zurück nach München),  ist es für mich nichts Neues "von Vorne" anzufangen. Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt auf Kos, habe in der Zeit meiner Urlaube die Chance gehabt, den Alltag hier ein wenig kennenzulernen. Alleine bin ich hier definitiv nicht. Das Leben findet draußen statt. Wenn ich Gesellschaft möchte, finde ich sie hier immer. Das war in Deutschland so nicht der Fall. Hier gehe ich einfach raus und treffe Irgendjemanden. In Deutschland musste ich vorher anrufen. Und wenn es spontan war, hatte eh meist Keiner Zeit ;-). Ok, in der Winterzeit wird das hier auch anders sein. Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, mich mit mir selber zu beschäftigen. Im Gegenteil, gerade jetzt genieße ich die Momente, in denen ich alleine meinen Kaffee am Meer genieße und nicht reden muss. Einfach nur entspannen. 

 

Mit meiner Familie habe ich inzwischen via sozialen Medien fast mehr Kontakt als vorher. Soziale Medien helfen hier enorm. Dazu muss ich allerdings sagen, dass meine Familie deutschlandweit verteilt ist. Somit sind wir es gewohnt, uns nicht jedes Wochenende zu sehen. 

 

Die Wohnung: jetzt im Sommer brauche ich sie nur zum duschen und schlafen. Kochen? Ja, habe ich zweimal gemacht. Dafür bin ich derzeit echt zu faul. Fernsehen habe ich nicht, hatte ich in D aber auch die letzten drei Jahre nicht. Wenn ich mal was schauen will: Internet. Amazon prime o.ä.. Nachrichten schaue ich mir ab und zu an, aber ich genieße es ehrlich gesagt, nicht immer auf dem Laufenden zu sein. Aktienkurse? Checke ich im Schnitt alle zwei Wochen. Nein, ich vermisse auch meine Wohnung nicht. 

 

Ich liebe mein Leben hier. Auch wenn ich zwischendrin einen schlechten Tag habe. Dann sage ich mir: Zähne zusammen beißen, durch und morgen ist ein neuer Tag. Selbstverständlich ist auch hier nicht jeder Tag für mich toll. Manchmal muss ich irgendwo Energiereserven hervor kramen. Und manchmal sind auch die erschöpft. Die Akkus laden sich aber immer wieder auf. Trotz keinen Tag frei. Ich wundere mich manchmal über mich selber, wenn ich speziell nach einer Tagestour eine Stunde schlafe, völlig gerädert aufstehe und zur Arbeit fahre, völlig platt. Ankomme und auf einmal Energie habe und 100 % bei der Arbeit bin. 

 

Egal wohin man geht, man nimmt sich selber immer mit.

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