Es geht doch nichts über Flexibilität

Da bin ich wieder. Ich mache mir immer wieder Gedanken, was ich denn so Neues berichten kann. Letztlich hat mich ja der Alltag gefangen. Aber Alltag ist hier eben nicht gleich Alltag wie ich es bisher gewöhnt war. Natürlich gab es auch in meinem Leben in Deutschland Situationen, in denen ich einfach spontan umplanen musste. Daher war ich bisher der Meinung, dass ich durchaus ein spontaner und flexibler Mensch bin. Damit lag ich allerdings nicht ganz richtig. Hier habe ich inzwischen gelernt es wirklich zu sein. Gut, ab und an arbeite ich noch daran, wenn ich kurz stinkig bin, wenn sich meine Pläne für die nächsten Stunden mal wieder spontan ändern. Andersherum gibt es auch die Zeiten, in denen ich richtig happy bin, weil sich der Plan ändert. Ein kleines Beispiel: Sonntag morgen bekomme ich kurz vor acht einen Anruf, dass wir nicht fahren dürfen, da die Hafenpolizei wegen starkem Wind ein Ausfahrverbot verhängt hat. Arbeitszeit für diesen Tag auf einmal eine völlig Andere. Ich hatte nicht geplant den ganzen Tag bis halb fünf im Hafen in sengender Sonne zu arbeiten, dafür den Abend frei.  Eine ganze Woche planen? Möglich, aber unrealistisch. Das hat mir anfangs tatsächlich Probleme bereitet. Ich war es gewöhnt, zumindest mal ein paar Tage im Voraus planen zu können. Sei es um Hausarbeiten oder wichtige Dinge zu erledigen (ihr erinnert Euch an die Rennerei bzgl. der Papiere?) oder auch nur um Freunde und Bekannte zu treffen. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Ich finde es sogar sehr positiv, nicht immer alles im Voraus zu planen. Es kommt eben, wie es kommt. Damit einher geht eine Gelassenheit, die ich lange Jahre nicht mehr gekannt habe. Das heißt nicht, dass alles ganz einfach und gelassen ist hier. Das Leben in der Saison hier ist auf Arbeit ausgerichtet. Auch wenn es manchmal nicht so scheinen mag: auch hier arbeiten die Meisten sehr hart für ihr Geld. Aber ich persönlich habe hier das gefunden, was ich gesucht habe. Dass es kein Urlaub wird, war mir von Vornherein klar. Es war mir auch bewußt, dass es nicht immer "einfach nur toll" sein wird und es Phasen geben wird, die richtig hart werden. Zum Glück habe ich wirklich harte Phasen bisher nicht erlebt. Eigentlich gab es auch nicht wirklich "Tage", an denen ich k.o. war. Es waren immer nur Stunden in denen eine gewisse Motivationslosigkeit und Müdigkeit kam. Ehrlich: wer hat die nicht? Durchhalten, Jemanden boxen, lächeln, sich zurückziehen oder was auch immer. Sich etwas Schönes suchen. Ich habe hier eigentlich täglich mindestens einen tollen Moment. Ich fühle mich im Moment einfach nur angekommen. Fast vier Monate bin ich nun hier und habe nicht einen Moment Heimweh nach Deutschland gehabt. Ich kann definitiv sagen, dass meine Entscheidung diesen Schritt zu machen, die richtige Entscheidung war. Und mal wieder der Warnhinweis (zu Risiken und Nebenwirkungen...): nicht Jedem kann es so gehen. Überlegt Euch so einen Schritt gut. Es ist eine andere Kultur, es ist ein anderes Leben. Nicht Jeder kann seine eigene Kultur zurück stellen und offen sein für das Andere. Denn offen sein und sich in vielen Dingen anpassen muss man, ansonsten wird es schwer. Es ist in Deutschland nicht anders: geht in ein Dorf oder in eine Kleinstadt. Die Zugezogenen dort haben es meist nicht einfach. Man muss sich anpassen, um in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Nicht verdrehen, aber anpassen.

Mal sehen, was nun der morgige Tag und die nächste Zeit für mich bringt. Sonnige und glückliche Grüße 

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